Den Kapitalismus stürzen?

Heidi Reichinnek, kürzlich zur Fraktionsvorsitzenden der Partei „Die Linke“ gewählt, hat in einem Interview zum „Sturz des Kapitalismus“ aufgerufen. In einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung sagt sie, der Sozialstaat werde „immer weiter ausgehöhlt“, und der Reichtum von wenigen „explodiert“.  „Für sie ist der Kapitalismus ein System, das überwunden werden muss, um die Demokratie zu schützen und soziale Gerechtigkeit zu erreichen.“ ( Frankfurter Rundschau )

Den Kapitalismus überwinden? Solche Stimmen werden ja offenbar lauter, vor allem aus dem Lager der Linken, die sich eines enormen Zuwaches an Mitgliedern erfreut. Seit Beginn des Jahres hat sich ihre Mitgliederzahl verdoppelt.  ( Tagesschau )

Aber wie soll das nun genau vor sich gehen mit dem Stürzen? Wer sind die Stürzer? Wer soll es machen? Und wohin genau soll das Stürzen führen?

OK sie sagt, der Kapitalismus höhlt den Sozialstaat aus, der Reichtum explodiert, und die soziale Gerechtigkeit und mit ihr die Demokratie seien dadurch gefährdet, aber reicht das als Grund und Motiv, und als motivierende Vision?

Auf dem Parteitag in Chemnitz kam auch das Thema „Israel“ und „Gaza-Krieg“ auf den Tisch. Es gab ein paar kritische Wortmeldungen, aber die Partei-Oberen haben das Thema schnell wieder eingefangen: Israel-Treue ist und bleibt Staatsräson, die Terroristen sitzen bei der Hamas, und Israel verteidigt sich nur. Daran werden ein paar Versprengte mit Palästinenser-Tuch um den Hals auch nichts ändern.

Ungerechtigkeit des Kapitalismus überwinden – auch Israels Ungerechtigkeit überwinden? 

Ganz anders sieht das etwa die Bloggerin Caitin Johnstone aus Australien, die der für sie unfassbare Genozid an den Palästinensern immer wieder schier zur Verzweiflung treibt. Und sie sagt nun, nicht nur Kapitalismus müsse gestürzt werden, sondern das ganze westliche imperiale System unter US-Führung:

Die letzten anderthalb Jahre in Gaza sind Grund genug, das gesamte westliche Imperium unter US-Führung zu zerschlagen. Der Gaza-Holocaust könnte morgen enden, und er wäre immer noch Grund genug. Alle anderen weltweiten Missbräuche des Imperiums hätten nie stattfinden können, und er wäre immer noch Grund genug.

Allein in Gaza hat das Imperium bereits zweifelsfrei bewiesen, dass es nicht existieren sollte, selbst wenn man all seine anderen Verbrechen im Nahen Osten, Lateinamerika, Afrika und Asien außer Acht lässt. Wenn Sie den ersten live übertragenen Völkermord der Geschichte vor den Augen der ganzen Welt begehen würden, dann wären Sie nicht die Art von Machtstruktur, die die Menschheit in die Zukunft führen sollte. Wenn Sie hilflosen Menschen, die nichts Unrechtes getan haben, die Art von Misshandlungen zufügen würden, die wir seit anderthalb Jahren auf unseren Bildschirmen sehen, dann sollten Sie nicht die Welt regieren. Ihre Herrschaft muss enden.

Die Alternative wäre, das Schicksal der Menschheit von völkermörderischen Monstern bestimmen zu lassen. Das ist schlichtweg keine Option. Je früher das zentralisierte US-Imperium endet, desto besser.

Für sie ist nicht die gefährdete Demokratie, Reichtumsexplosion und ausgehöhlter Sozialstaat der Grund, den Kapitalismus zu stürzen, sondern die völkermörderischen Monster in Israel. Hat sie damit vielleicht die besseren Gründe genannt? Die Gründe, die die Menschen inmittelbarer erreichen und mitreißen und sie zu Protest, Widerspruch und Taten anspornen? Und die auf diesem Wege und mit diesem Motivationspaket dann auch die gefährdete Demokratie und den explodierten Reichtum wieder in sozialstaatlich begründete und sinnvolle Bahnen zurückführen können?

Eine bessere Welt – um die pro-israelische Lobby zu zerschlagen

Eine ganz andere Vision von „Besserem Ort in der Welt“ schwebt dem ehemaligen Waffeninspektor Scott Ritter vor. Warum und wie muss die Welt zu einem besseren Ort gemacht werden – indem Israel und der isrelische Zionismus zerschlagen werden:

Israel spioniert die Vereinigten Staaten seit Jahrzehnten aus.
Jonathan Pollard hat der nationalen Sicherheit der Vereinigten Staaten mehr Schaden zugefügt, als bis heute zugegeben werden kann.
Israelische Geheimdienste haben die Kommunikation von US-Präsidenten und hochrangigen Beamten überwacht.
Der israelische Geheimdienst hat die pro-israelische Lobby infiltriert und sie als Stellvertreter für den Diebstahl amerikanischer Geheimnisse genutzt.
Die amerikanischen Präsidentschaftsverwaltungen haben diese Beleidigung aus Angst vor den politischen Folgen einer Anklage Israels wegen seines Fehlverhaltens toleriert.
Israel ist die größte Bedrohung für die Vereinigten Staaten, ein Krebsgeschwür, das sich als Teil des amerikanischen Körpers getarnt hat.
Amerika sollte dankbar sein, dass wir einen Narzissten wie Donald Trump zum Präsidenten gewählt haben.
Denn nur jemand mit Trumps Ego könnte zulassen, dass die Empörung, die mit der Entdeckung der Wahrheit über Israel einhergeht – dass es Amerika und die Amerikaner verachtet, dass es uns zu seinem Vorteil benutzt, dass es Amerika gerne für seine zionistischen Ziele opfert –, ihn dazu bringt, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um Amerika vor dieser heimtückischen Bedrohung zu retten – die nationalen Ziele der USA aus dem ideologischen Gefängnis des großisraelischen Zionismus zu lösen.

Wenn Trump den eingeschlagenen Weg weiterverfolgt, wird die Welt ein besserer Ort sein.

Amerika wird wieder groß sein.

Und Israel wird nicht mehr existieren.

Ein würdiges Ende für die größte Bedrohung, der Amerika je ausgesetzt war.

Zu Erklärung muss man sagen, dass Jonathan Pollard ein israelischer Spion war, der nach seiner Enttarnung Jahrzehnte in US-Haft saß.

Scott Ritter sieht Gefahren für das „westliche Imperium“ (Johnstone) oder die USA (Ritter) ebenfalls aus Israel ausgehen, und Scott Ritter ist ja lange nicht der Einzige, der sich in dem Sinne kritisch über Israel äußert; etwa der Ökonom Jeffrey Sachs sagt dies mit größtem Nachdruck immer wieder, oder der Politikwissenschaftler John Mearsheimer, und viele andere mehr.

Donald Trump hat sich nun – völlig überraschend – kritisch zu dem Kurs Israels und inbesondere den völkerrechtswidrigen Vertreibungsplänen Netanjahus geäußert, worauf sich Ritters Äußerung bezieht, dass Trump durch „der Entdeckung der Wahrheit über Israel“ dazu gebracht werden könnte, „die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um Amerika vor dieser heimtückischen Bedrohung zu retten.“ Und dann – werde Israel nicht mehr existieren, und Amerika werde wieder groß sein.

Wie gesehen, setzt Caitlin Johnstone die Akzente etwas anders. Und sicher wird weder Israel mit seinen da lebenden Menschen aufhören müssen zu existieren (sondern nur der Zionismus), noch wird Amerika wieder groß sein – das ist aus vielen Gründen (vor allem, aber nicht nur, aus ökonomischen) völlig unmöglich. Es sollte etwa ein Blick auf die verrottende ehemalige Metropole Detroit reichen, um klar zu machen dass Amerika nie mehr in dem Sinne groß sein, wie es zu Zeiten des amerikanischen Wirtschaftswunders einmal war.

Kapitalismus stürzen – für den Sozialismus?

Wie sieht sie also wirklich aus – die bessere Welt? Wenn das zentralisierte US-Imperium endet, und die heimtückische Bedrohung durch den großisraelischen Zionismus, die pro-israelische Lobby der USA und die völkermörderischen Monster überwunden ist?

Die Geburt dessen, was ein Sturz des Kapitalismus zum Vorschein und zum erwachenden Leben bringen muss, wird offenbar eine schmerzliche Geburt sein, die von Irrtümern und Fehlschlägen begleitet sein wird – so wie es war bei der Geburt des Sozialismus in China, nach rund 40 Jahren von geduldig vorangetriebenem Versuch und Irrtum. Der Westen wird das alles noch vor sich haben, aber er wird sich an dem erreichten Erfolg Chinas ein Beispiel nehmen können.

Aber anfangen muss das alles mit dem erkannten heimtückischen Missbrauch des US-Imperiums, das ja auf diese Weise auch den ganzen Westen beherrscht. Und zum Erkennen dieses heimtückischen Missbrauchs gehört auch des Erkennen der heimtückischsten Staatsverbrechen, die der Westen bisher je gesehen hat: der Morde an den Kennedys, und der Morde an den 3000 Opfern des Elften Septembers. Auch hier wird die Heimtücke dieser Verbrechen immer mehr erkannt. All das sollte sich verbinden zu dem Entschluss, zu der Fanfare, zum Weckruf, die Schreckensherrschaft dieser verkommenen Monster zu beenden, und zu einer neuen Welt aufzubrechen.

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