Praxis

(Hiroshi Hara: Mid-Air-City)

Was wäre die Theorie ohne die Tat,   Pragma   , die   Praxis   , das verständige, weil theoriegeleitete Handeln.

Auf dieser Seite soll es um die Diskussion von konkreteren Gestaltungszielen gehen, um Entwürfe von vielleicht sozialen Konstrukten, oder technischen Artefakten, und wie das eine möglicherweise durch das andere bedingt ist. In diesem Zusammenhang möchte ich mich gerne inspirieren lassen von der   Commons-Debatte: vielleicht gibt es ein ganz spezielles Artefakt, das sich sinnvoll nur als ein Common Good verstehen lässt, als in Gemeineigentum befindlich, in öffentlichem oder allenfalls halb-privatem Eigentum…

Der japanische Architekt   Hiroshi Hara hat einige sehr kühne Entwürfe sehr hoch verdichteten Bauens geschaffen, darunter den gigantischen   500x500x500mCube   . Er hat sich vorgestellt, dass dieser Cube – eigentlich eine ganze Stadt, für 100.000 Bewohner – die Infrastruktur und Technik zur möglichst vollständigen Selbstversorgung seiner Bewohner beinhalten sollte. Eine Infrastruktur, die heutige Rapid-Produktionstechnologien sowie Open-Source Design Prozesse, das Management der erforderlichen Stoff- und Maintenance- sowie Distributionslogistik umfasst, liesse eine solche Vision möglicherweise näher an der beherrschbaren konstruktiven Realität erscheinen als Hiroshi Hara sich das in den 1990er Jahren hat träumen lassen…

Inzwischen sind einige weitere sehr kühne und beeindruckende Projekte standen, wie etwa die des französisch-belgischen Architekten   Vincent Callebaut: die Lilypad, eine schwimmende Ecopolis für Klimaflüchtlinge:  



… oder der Dragonfly, eine metabolische Farm für urbane Landwirtschaft:  


… und noch, als weiteres Beispiel eines “green building”, der Bionic Arch, ein nachhaltiger Turm:  



Der Sinn so eines in sich geschlossenen Gross-Projektes läge darin – abgesehen von den erzielbaren Vorteilen hochverdichteten Bauens an sich, und den hier noch angestrebten Effekten ökologischer Art sowie der ja sonst noch nie erreichten Integration auch von Nahrungsmittelerzeugung in den Wohnbereich, unter maximaler Raumnutzung – , dass sich ein homogener Planungs- und Gestaltungsraum ergibt, der – relativ zu einer ganzen Volkswirtschaft – klein und möglicherweise von der entstehenden Planungskomplexität eher überschaubar und beherrschbar ist. Das Ziel müsste eben darin bestehen, so eine Selbstversorgung tatsächlich über alle Bereiche dessen was Menschen heute als zu einem guten Lebensstandard zugehörig empfinden, zu ermöglichen. Wenn man auf der Grundlage dieser neuen Produktionstechnologien davon ausgeht, dass die sehr mächtig geworden sind und den allergrössten Teil dieser materiellen Güterbedarfe abdecken können, wäre hier nur noch der Rohstoff- und Energiebedarf zu “erledigen”, stünde also auf dem Katalog der von so einer Selbstversorgergemeinschaft zu erledigenden Leistungen. Und dann gibt es noch alle diese vielen Leistungen und Bedarfe, die eben nicht von Maschinen erledigt werden können. Die Frage wäre, ob die erforderliche Koordination, also die Güter- und Faktorallokation, wie die Ökonomen sagen, hier einem freien Spiel der Marktkräfte überlassen werden könnte. Möglicherweise wäre es auch notwendig oder hilfreich, hier ein – wenigstens minimales – Angebot auf einer übergeordneten Basis, also durch eine Art von Organisation geplant, zu schaffen. Möglicherweise entstünde so etwas aber auch ganz von selber, durch Selbstorganisation… Jedenfalls wäre so eine Organisation immerhin gross genug, um mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf ein grosses Reservoir an Professionen und Leistungsfähigkeit zugreifen zu können, um diese Aufgabe der Selbstversorgung auf der Höhe der Zeit zu lösen, und zwar so, dass die entstehenden Spielräume der Lebensgestaltung sich gegenüber dem gegenwärtigen oftmals doch sehr unsicheren und gehetzten, vielfach sogar geradezu menschenunwürdigen Lebensumständen ganz entscheidend erweitern.

Aber sicherlich ist das nicht der einzige Weg und die einzige Weise, ein solches Ziel, derartige Lebensbedingungen zu erreichen und denen näher zu kommen. Es gibt ein breites Bündel von Faktoren, die hierzu beitragen können und die uns allen offen stehen, und viele von diesen Faktoren liegen in der menschlichen Natur, sie sind uns Menschen mitgegeben, und diese Faktoren waren schon immer ausschlaggebend, wenn neue Ufer erreicht, und neue Höhen erklommen worden sind. Zu diesen Kräften und Möglichkeiten kommen nun diese neuen technischen Möglichkeiten dazu: die sind in der Geschichte der Menschheit neu, so etwas hat es noch nicht gegeben in dieser Welt. Es kommt also darauf, diesen neuen Raum der Möglichkeiten zu entdecken, der mit diesen neuen Künsten und Techniken erschliessbar geworden ist.

Sehr spannend finde ich auch die Idee der Digitalen Fabrikation in der Architektur, wie sie zum Beispiel hier ausgearbeitet wird:   Digitale Fabrikation. Wenn dann eben noch die Digitale Fabrikation von Dingen dazu käme, dann ergäbe sich so eine Art von Wohnraum, von Stadt, von Lebensraum, der viel mehr sein könnte als nur ein Dach über dem Kopf, oder die Behausung, sondern eine wirkliche Lebenswelt, eine Wohnmaschine, eine Heimat! eine – kleine – perfekte heile Welt. Und ganz ganz neu!

Aber es muss natürlich auch nicht unbedingt gleich so eine gigantisches Riesenprojekt sein! Ein   FabLab und noch ein FabLab ist natürlich ebenfalls schon ein sehr realisierungswürdiges pragmatisches Gestaltungsziel.

Auf jeden   Fall !

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