Anleitung für eine Revolution

Heute erschien auf dem Substack von Milos Matuschek ein amüsanter Beitrag, aber nicht gedacht als Aprilscherz. Er meint es ernst: da der Systemcrash ja nun wirklich bald naht, liefert Matuschek aus aktuellem Anlass schnell noch eine Anleitung für eine Revolution.  Dass Bitcoins allerdings nicht taugen zum Basteln an einer Revolution, wie Matuschek zu glauben scheint, soll sich im Anschluss klären.

Matuschek fragt, ob wir nun in einer Tragödie, oder einer Kommödie leben, und sagt völlig zu Recht: es ist beides, und wir können nicht einmal mehr dazwischen unterscheiden. Wir leben in einer „Reality-Seifenoper mit flackernden medialen Bildern“, und sitzen – wir sind ja zahlende Gäste – in der ersten Reihe. „Allerdings können wir den Kanal nicht wechseln“, wie er sagt, und haben eigentlich auch kaum noch die Wahl, ob wir überhaupt ausschalten wollen.

Er sagt, das Programm das uns geliefert wird, ist nicht neu, aber: wir können uns immerhin selber eines basteln, und das besteht aus – Chaos und Verwirrung:

Man muss einfach nur die Welt als ihr Gegenteil darstellen, permanent und in lauten Tönen. Irgendwann weiß der Mensch nicht mehr, wo oben und wo unten ist. Wer seiner eigenen Wahrnehmung nicht mehr trauen kann, der lässt sich jedes Programm vorspielen.

Und das funktioniert, seit Orwells Neusprech: Krieg ist Frieden, Krankheit ist Gesundheit, Diktatur ist Demokratie; man muss Matuscheks Argumente nicht im Einzelnen wiederholen.

Wie er nun richtig erkennt, beherrscht das System nur diesen einen Trick: Chaos und Verwirrung erzeugen. Aber, wie er sagt, gibt es hinter dem Chaos eine geschickt getarnte Ordnung, und in der passiert immer das Gleiche:

Es gibt gerade viele selbstverschuldete, selbstherbeigeführte und selbstverantwortete Krisen. Doch immer passiert dabei das Gleiche. Es gibt für alles Schlimme in der Welt nur ein Mittel: Mehr Geld. Klimakrise? Geld drucken. Corona? Die größte Gelddruckorgie der Welt. Krieg? Die klassische Gelddruckmaschine. Das System beherrscht nur einen Trick, aber den dann doch so gut, dass ihn alle glauben.

Klar ist also, dass den Trick alle glauben. Und: der Systemcrash ist wirklich nah, Beleg: die jüngste Pleite der Credit Suisse, die sich vor ein paar Jahren niemand vortellen konnte. Wie Matuschek sagt:

Also, wenn im Herzen der Schweiz eine Großbank fällt, dann ist wirklich mal Alarm. Wer rettet am Ende die Retter?

Das Bilanzvolumen der UBS ist nun größer als das Sozialprodukt der ganzen Schweiz; wenn die UBS crasht, crasht auch die Schweiz.

Matuschek listet dann auf, woran das System krankt, und was genau das Kranke (und krank Machende) ist an diesem System. Es ist so: Die Worte selber stinken, die Wahrheit, die Standards, das Recht, die Maßstäbe verrotten und faulen.

Eine Gesellschaft kann aus den Fugen gebracht werden, wenn jeder Ordnungsmaßstab geopfert wird. „Noch 100 Jahre Zeitungen und alle Worte stinken“, prophezeite einmal Nietzsche. Inzwischen sind die 100 Jahre längst rum und die Massen-Desinformation findet in den „Qualitätsmedien“ statt. Die richtige Information ist verwässert, ebenso die Aussagekraft von Diplomen, die Qualität der Forschung oder der Wert des Geldes.

Das ist vollkommen richtig. Was den Wert des Geldes angeht: natürlich ist der Wert des Geldes aufgebläht, für alle; es besteht zum großen Teil aus heißer Luft, aus Gewinnerwartungen und spekulativen Buchwerten.

Aber Matuschek scheint nun zu glauben, das Aufblähen des Geldes sei schon das Problem, und die Lösung wären vielleicht Bitcoins. Was wäre aber, wenn der Wert des Geldes echt wäre, und nicht so sehr aus heißer Luft bestünde? Das Problem: wäre das Geld auch überall echt, und nicht aufgebläht, bliebe das meiste trotzdem in den Taschen einer winzigen Zahl von Superreichen. Und was den Wert des Geldes angeht: einer, der sich wirklich damit auskennt, der Banker J. P. Morgan, Mitgründer der FED, sagte dazu: „Nur Gold ist Geld, alles andere ist Kredit“. Das wirkliche Problem liegt also (auch) in der Konzentration des Geldes, sei es aus Gold oder aus Papier.

Also, angenommen, es gibt nur echtes Geld, und auch keine Bitcoins: der Systemcrash ist trotzdem beschlossene Sache: Was tun Sie? Herr Matuschek?

Ja – da ist offenbar guter Rat teuer, und die Verwirrung ist – und bleibt – groß.

Aber zunächst dazu: Wie konnte die Verwirrung überhaupt so groß werden? Wie kam es, dass trotz (und vielleicht wegen …) aller Verwirrung immer nur diese eine Melodie gespielt wird – die nur die wenigen Reichen immer reicher macht?  Und dann auch noch (mit deutlichem Vorteil) besonders die Reichen im Wohnsitz in den USA?

Achtung Achtung: sehr gefälschte Texte

Hin und wieder taucht ja das Geraune auf von den Protokollen der Weisen von Zion. Niemand kennt sie, niemand hat sie je gelesen, niemand weiß was drin steht, und jeder weiß dass es sich bei diesen Texten um Fälschungen handelt. Aber irgendwie müssen diese Texte ja in die Welt geraten sein; dass es sie überhaupt gibt, bestreitet ja niemand.

Wer solche Texte verfasst, muss sich auch etwas dabei gedacht, und etwas damit bezweckt haben. Dass die dabei verfolgte Absicht schlecht ist – geschenkt, das bezweifelt ja niemand. Die nächstliegende Vermutung über die Gründe: Täuschungsabsicht, und die Absicht, zu verwirren. Das passt aber doch erstaunlich zu der Verwirrung, in der die Welt sich befindet.

In diesen Texten, den „Protokollen“, wird jedenfalls ziemlich genau beschrieben, wie jemand vorgehen würde, der solche Verwirrung stiften will. Da steht zum Beispiel in einem der (so genannten) „Briefe“:

Die Hauptaufgabe unserer Verwaltung besteht darin, die öffentliche Meinung durch eine zersetzende Beurteilung aller Vorgänge in ihrer Widerstandskraft zu lähmen, den Menschen das eigene Denken, das sich gegen uns aufbäumen könnte, abzugewöhnen, und die vorhandenen Geisteskräfte auf bloße Spiegelfechtereien einer hohlen Redekunst abzulenken.

Also: Zersetzung der öffentlichen Meinung, den Menschen das eigene Denken abgewöhnen .. Wer auch immer so etwa im Schilde führt, macht sich doch jedenfalls verdächtig, so etwas zu beabsichtigen. In einem anderen „Brief“ heißt es :

Um die öffentliche Meinung zu beherrschen, müssen wir Zweifel und Zwietracht säen, indem wir von den verschiedensten Seiten so lange einander widersprechende Ansichten äußern lassen, bis die Nichtjuden sich in dem Wirrsale nicht mehr zurecht finden und zu der Überzeugung kommen, daß es am besten sei, in staatsrechtlichen Fragen überhaupt keine Meinung zu haben, da dem Volke in diesen Dingen der nötige Überblick fehle, und nur Derjenige sie wirklich überschauen könne, der das Volk selbst leitet. Das ist unser erstes Geheimnis!

… Öffentliche Meinung beherrschen, Zweifel und Zwietracht säen, einander widersprechende Ansichten äußern … Also, die unbekannten Autoren der gefälschten „Protokolle“ sind es dann ja nicht, die so etwas äußern, aber an der Wirkung gemessen, an der gestifteten Verirrung, war da jemand offenbar ganz  erfolgreich. Wer könnte es ein, der sich so etwa tatsächlich ausdenkt? In unserer Gegenwart, vor aller Augen sozusagen?

Dann kommt die Sache mit den stinkenden Worten, den Ordnungsmaßstäben und der richtigen Information;

Das zweite, für den Erfolg unserer Sache nicht minder wichtige Geheimnis besteht darin, die Fehler und Gebrechen des Volkes möglichst zu vermehren. Alle schlechten Gewohnheiten, Leidenschaften, alle Regeln des geselligen Verkehrs müssen derart auf die Spitze getrieben werden, daß sich Niemand in dem tollen Durcheinander mehr zurecht finden kann, und die Menschen aufhören, einander zu verstehen. Auf diese Weise wird es uns leicht sein, Zwietracht in allen Parteien zu säen, jede Sammlung von Kräften, die sich uns noch nicht unterwerfen wollen, zu verhindern und jede persönliche Tatkraft, die unsere Sache irgend wie stören könnte, von vorn herein zu entmutigen.

Und dann kommt es ganz dick, zur Bedeutung der „achten Großmacht“, der Presse:

Als Mittel dazu werden wir die öffentliche Meinung vorschützen, die wir insgeheim durch die sogenannte achte Großmacht – die Presse – in unserem Sinne bearbeitet haben. Mit ganz wenigen Ausnahmen, die überhaupt nicht in Frage kommen, liegt die ganze Presse in unseren Händen.

So. Dass „die Presse“, die Medien, ob privat oder öffentlich-rechtlich, inzwischen ziemlich komplett und widerstandslos in irgendjemandes Händen liegen, wird schwerlich noch von ernst zunehmender Seite bestritten werden können. Das zeigen sowohl die Erfahrung, als auch einfach die Zahlen, die geschaffenen Eigentumsverhältnisse in der auf wenige beherrschende Medien konzentrierten Presselandschaft. Diese ominösen Verfasser der, wie man ja weiß, gefälschten „Protokolle“ waren es also nicht, die die Presse in diesem Sinne bearbeitet haben, aber wer dann?

Das soll als kleine spekulative Reflexion über die gestiftete Verwirrung in der öffentlichen Meinung und deren gestörte Urteilsfähigkeit reichen; und vor allem soll natürlich niemand verdächtigt werden, das wäre natürlich überhaupt nicht die Absicht. Nur: die Verwirrung ist da, und da muss die Frage erlaubt sein, wer sie denn wohl gestiftet hat. Und zu diesen Protokollen: von wem auch immer sie stammen – wer so etwas geschrieben hat, wusste über Mittel und Wege zur Stiftung von Verwirrung wohl recht gut Bescheid.

Zum Schluss noch ein Satz aus diesem Texten, über „Hochgeister unter den Staatsmännern“: Die Autoren dieser Protokolle, wer auch immer sie sind und was auch immer sie beabsichtigten, haben (diesen Texten zufolge) ein Faible für von „Staatsmännern geschickt ausgeführte Gaunerstreiche“:

Das Volk liebt und verehrt die Hochgeister unter den Staatsmännern; es beurteilt ihre Vergewaltigungen in folgender Weise: „Das war niederträchtig, aber sehr geschickt! Ein Gaunerstreich, aber großartig ausgeführt! Mit welcher Frechheit!“

Welches Volk da gemeint ist – niemand weiß es.

Vor einiger Zeit gab es einen Streich, von dem man nicht weiß, wer ihn ausgeführt hat, aber immerhin so geschickt dass klar ist wer von diesem Streich einen enormen Vorteil hatte: das war der Streich der gesprengten Gas-Pipelines durch die Nordsee. Ein Staatsmann mit Namen Antony Blinken schrieb ganz stolz, dass dieser Streich seinem Volk, den USA, „tremendous opportunities“ bescheren werde. Als der Streich dann ausgeführt war, konnte immerhin – bisher – noch niemand nachweisen, dass es ein „Streich“ der USA war, der da in den Tiefen der Nordee großartig ausgeführt worden ist.

Nun – vielleicht war das so ein Fall: „Ein Gaunerstreich, aber großartig ausgeführt! Mit welcher Frechheit“! Aber, wie gesagt, diese Protokolle gibt es nicht. Um Himmels Willen – wer würde so etwas denken.

Bitcoin und Revolution

Nach der langen Vorrede nun zur Hauptsache. Die Welt rätselt nun immer verzweifelter, wa zu tun ist, wenn der Systemcrash beschlossene Sache ist. Tatsächlich rätselt die Welt seit mindestens 40 Jahren, vielleicht sind es 50, sie hätte aber in jedem Fall schon vor 50 Jahren anfangen können nach der Lösung zu suchen, oder besser, sich um die Lösung zu kümmern. Denn im Prinzip ist die Lösung klar: wenn das Geld, die Marxsche „riesige Warensammlung“ zu groß geworden ist, um von der Vernunft, von der Wissenschaft, von der (echten) Vierten Gewalt und der demokratischen Politik beherrscht zu werden, dann – ja dann muss die Staatsmacht einschreiten. Als das im Laufe der kapitalistischen Geschichte einige Male vorgekomen ist, mit Erfolg damals beim „New Deal“ Roosevelts, ist die Staatsmacht eingeschritten, hat die Macht des Kapitals erfolgreich beschnitten, und hat die nächste Phase der (dann wieder erfolgreichen) kapitalistischen Expansion eingeläutet. Aber das wird und kann nicht ewig so weitergehen.

Was dann? Dann muss – die Staatsmacht engültig einschreiten. Dann muss, wie große Staatsmänner und Ökonomen längst wussten, das (zu) groß gewordene Kapital in öffentliche, staatliche Hände übergehen.  Nichts andere ist dann noch möglich, und erst recht keine Bitcoins aus der Rechenmaschine.

Das hätte etwa ab Mitte der 1970er Jahre in die Weg geleitet werden können – und müssen. Dann hätte auch noch niemand eine Anleitung zu einer Revolution benötigt.

Aber jetzt sind die Dinge seit mindestens 40 Jahren in die falsche Richtung gelaufen. Was sich jetzt gebildet hat, das kennt man unter dem Namen Klumpenrisiko. Inzwischen ist der Klumpen so groß und das an seiner Existenz hängende Risko, dass das Risiko des Ausbruchs des Dritten Weltkriegs sich in etwa der gleichen Größenordnung bewegt, ebenso wie der Crash, der mit dem Crash der UBS und der Schweiz beginnen könnte, und mit dem endgültigen Umkippen des Klimas.

Die gestiftete Verwirrung hält derweil an, und dass noch immer das Gleiche passiert, hält auch an: das Geld fließt immer weiter in die gleiche Richtung, einige (sehr) wenige werden immer reicher, und einige (sehr) viele werden immer ärmer. Mehr wird das (aufgeblähte oder echte) Kapital, das Gold, und auf der anderen Seite die Schulden.

Jetzt hilft wirklich nur noch eine – ziemlich donnernde – Revolution. Beginnen müsste sie damit, dass die öffentliche Meinung erwacht, dass man sich auf das Recht und die Wissenschaft besinnt, und auf all das, was die Kulturgeschichte den Menschen eigentlich als Geschenk hinterlassen hat. Und die Demokratie.

Dazu sind Worte da, geprochen und gedacht zu werden, und ehrlich gemeint zu  sein. Und darum müssen sie aufhören, zu stinken.

Und dann: Anleitung zur Revolution.

Wir schlagen auf: Erstes Kapitel .

 

 

 

 

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