Paul Mason hat nun ein Buch geschrieben, das in die Zeit zu passen scheint. Jedenfalls erheblich besser als sein „Postkapitalismus“ (2016 in der deutschen Übersetzung erschienen). Bisher sind seine Kritiken handzahm und eher positiv, und der ganze Zeitgeist scheint im Moment ja nach links zu fliegen. Ein Youtuber, der „die CDU zerstören“ will, erhält Millionen Views in drei Tagen und findet Eingang in die Spalten der etablierten Medienwelt, und nach einer Gallup-Umfrage aus April würden 43 Prozent der Amerikaner „irgendeine Form von Sozialismus“ für eine gute Sache halten.
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Plattform-Sozialismus
Dass die Digitalriesen mit Plattformen eine Menge Geld verdienen, und eine Menge Steuern nicht zahlen, hat sich herumgesprochen. Wenn sie wenigstens ihre Steuern zahlen würden, könnte man sich mit dem Überwachungskapitalismus, den die Digitalriesen ja auch noch auf dem Kerbholz haben, halbwegs arrangieren. Aber das tun sie partout nicht, und bunkern ihr Geld in Steueroasen.
Darum machen sie sich unbeliebt, und das gemeine Volk fängt an nachzudenken über – Plattformsozialismus (den man auch Digitalsozialismus nennen könnte). Denn die Plattformen sind ja an sich eine gute Idee, sogar Amazon und Uber und Ebay, und was es sonst noch so gibt, was die Bequemlichkeit verspricht, alles vom heimischen Laptop aus erledigen zu können. Deshalb taucht hier und da schonmal die Idee auf, diese Services als hoheitliche Aufgabe zu betrachten, und sie konsequent auf das Allgemeinwohl zu verpflichten, statt auf private Gewinne. Das hieße: sie verstaatlichen.
System by Design?
Wir brauchen ein neues Wirtschaftssystem, aber das brütet der sterbende Kapitalismus eigentlich ganz von selber aus. Wir sollten es erkennen, und könnten die Geburtswehen verkürzen und abmildern.
Out now!
Das Buch Marx‘ Reise ins digitale Athen ist nun im Handel erhältlich. In einem heute erschienen Artikel auf TELEPOLIS habe ich die ganze Argumentation zusammenfassend erläutert. Happy End für Karl Marx.
Kleine Geschichte von Kapital und Arbeit
Kapital ist ein Tool.
Ein Tool ist dazu da, Arbeit einzusparen: die notwendige Arbeit nimmt ab, und die Produktivität steigt.
Nur wenn jemand Buch führt über ein Tool, heißt es Kapital. Sonst heißt es Waschmaschine, oder Kneifzange.
Wenn ein Tool Kapital ist, ist sein Produkt eine Ware, und soll Geld verdienen.
Wenn es kein Kapital ist, soll es nur Arbeit einsparen, damit man die Wäsche nicht mit der Hand waschen muss, oder den Nagel mit den Zähnen aus der Wand ziehn.
Kapital und Arbeit
Menschen haben gewöhnlich keine Lust zu arbeiten, deshalb haben sie sich zuerst, als sie hergestellt worden waren, im Paradies aufgehalten, wo es alles umsonst gab. Aber da gab es ja dann Hausverbot. Die Menschen flogen raus, aber sie bekamen eine KI mit, eine App, den General Problem Solver.
Bei allem, was sie nun tun mussten, nachdem es nichts mehr umsonst gab, hat diese App gegrübelt, wie das leichter zu machen sein könnte. Ein Durchbruch war dann die Erkenntnis, dass fast alles leichter geht mit Tools. Der Mensch mit seiner KI im Kopf wurde zum Tool-making-Animal. Es teilen sich dann der Mensch und das Tool die Arbeit, weil der Mensch Arbeit abschieben kann auf das Tool.
Also arbeiteten die Menschen dann im Prinzip jeden Tag eine Stunde länger als notwendig, und in der Extrastunde bauten sie sich Tools. Die Stunde Arbeit für das Tool lohnt sich, wenn man auf das Tool mehr als eine Stunde Arbeit abschieben kann. Dahinter steckt ja nichts als Faulheit.
Bundesliga mit Tore-Limit
Angenommen, man stellt fest, dass Tore, die in der Fußballbundesliga geschossen werden, die Umwelt belasten. Man kann ausrechnen, dass in der Saison höchstens sagen wir 150 Tore geschossen werden dürfen, sonst überschreitet das den tolerablen Grenzwert. Wenn zu viele Tore geschossen werden, wird das Klima aufgeheizt, und dann schmelzen die Polkappen, und dem HSV steht bald das Wasser im Stadion bis zum Hals.
Wie kann man also dafür sorgen, dass nicht zu viele Tore geschossen werden, aber die Spiele trotzdem spannend bleiben, und die Mannschaft mit den meisten Toren deutscher Meister wird?
Arbeitsmittel und ihre ökonomischen Epochen
Worum geht es in der Geschichte, einmal mit einem Horizont von vielleicht 10.000 Jahren betrachtet, also von den ersten Werkzeug benutzenden Kulturen des „tool making animal“, bis heute? Wie, welchen Fortschrittskriterien folgend, und wodurch ändern sich die Epochen?
Das ist das Resümee meines Buches „Die Große Digitalmaschinerie“.
Von den Moden zum Trend
Auf der Tagung Wirtschaftsinformatik ’95 hielt der Begründer des Studienfaches Wirtschaftsinformatik in Deutschland, Professor Peter Mertens, seinen Hauptvortrag „Wirtschaftsinformatik – Von den Moden zum Trend“. Es tat dies in der Absicht, seiner jungen Wissenschaft ihre „langfristigen“ und im Zeitverlauf unveränderlichen, bleibenden Ziele zu weisen.
Er begründete dies so: „Idealerweise würde sich eine Disziplin auf einem geraden Fortschrittspfad in Richtung eines (…) Langfristzieles bewegen.“ Mäandernde Entwicklungen, die einem Trial-and-Error-Pfad folgen, seien also zu vermeiden. Dann stellt er fest, dass es in der Wirtschaftsinformatik seiner Zeit zu mäandernden Entwicklungen gekommen war; die Wissenschaft war also kurzfristigen „Moden“ gefolgt, und hatte dadurch Zeit und Ressourcen verschwendet.
Der Sechste Kondratieff
Es klingt wie ein Adelstitel, der 6. Earl of Douglas, oder der 9. Duke of Wellington. Der 6. Kondratieff… und wie heiß wird er ersehnt! Dass er doch bald herab kommen möge zu uns, die Welt aus ihrem Schmerz zu erlösen, ja aus bitterster Not, hat sie den Tod durch Hunger und Durst doch schon nahe vor Augen… Denn es mangelt ihr an dem Nötigsten, an ihrem Lebenselixier, die Kammern und Reservoirs sind leer, es finden sich keine neuen, die man erschließen könnte, es ist eine wahres Grauen, denn was ihr so bitter nötig fehlt, hat auf dieser großen gottverlassenen Welt niemand mehr: es ist – etwas, das fehlt.