Udo und der Rote Stern

Gestern war ich mal wieder in einem Konzert von Udo Lindenberg. Weil ich aus Münster stamme und zu der Zeit mich als Musiker versucht habe, als Udo’s Stern gerade aufging, war ich fast zwangsläufig Fan von Udo, aber nicht nur deshalb. Mit Kennerblick war mir klar, dass das eine richtig gute Band mit richtig guten Musikern war, und vor allem einem Typen am Mikrofon, der versuchte fortzusetzen was in den 60ern erwachte und nach Altamont und der Auflösung der Beatles gestorben war. Udo war eine oder zwei Nummern kleiner als Stones und Beatles, aber die Wurzel war an der richtigen Stelle und brachte etwas zum Leben, das bis heute die Zeiten überstanden hat und nun größer und lebendiger geworden ist als jemals zuvor.

Mein erstes Udo-Konzert erlebte ich in der kleinen Stadthalle von Münster, in der auch Vieh-Auktionen stattfanden. Man sah und roch es, die Halle hieß auch Bullenhalle. Es gab eine einzige kleine Kantine, und als ich mir vor dem Konzert ein Bier besorgte, saß da die ganze Panik-Band, einfach hinten am Tisch in dieser Kantine für alle. Die Band, das war damals: Steffi Stephan am Bass, Karl Allaut an der Gitarre, Gottfried Böttger an den Tasten, Backi Backhausen am Schlagzeug, und natürlich Udo. Das war die Zeit vom Onkel Pö, und der Rentner-Band. Für einen braven münsteraner Studenten sahen die Jungs, die zwar alle aus dem Westfälischen stammten, aber – wie jedenfalls Udo – hauptsächlich in Hamburg lebten, wild und exotisch aus.
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Mehr Licht für die klare lichte Zukunft

Paul Mason hat nun ein Buch geschrieben, das in die Zeit zu passen scheint. Jedenfalls erheblich besser als sein „Postkapitalismus“ (2016 in der deutschen Übersetzung erschienen). Bisher sind seine Kritiken handzahm und eher positiv, und der ganze Zeitgeist scheint im Moment ja nach links zu fliegen. Ein Youtuber, der „die CDU zerstören“ will, erhält Millionen Views in drei Tagen und findet Eingang in die Spalten der etablierten Medienwelt, und nach einer Gallup-Umfrage aus April würden 43 Prozent der Amerikaner „irgendeine Form von Sozialismus“ für eine gute Sache halten.
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Plattform-Sozialismus

Dass die Digitalriesen mit Plattformen eine Menge Geld verdienen, und eine Menge Steuern nicht zahlen, hat sich herumgesprochen. Wenn sie wenigstens ihre Steuern zahlen würden, könnte man sich mit dem Überwachungskapitalismus, den die Digitalriesen ja auch noch auf dem Kerbholz haben, halbwegs arrangieren. Aber das tun sie partout nicht, und bunkern ihr Geld in Steueroasen.

Darum machen sie sich unbeliebt, und das gemeine Volk fängt an nachzudenken über – Plattformsozialismus (den man auch Digitalsozialismus nennen könnte). Denn die Plattformen sind ja an sich eine gute Idee, sogar Amazon und Uber und Ebay, und was es sonst noch so gibt, was die Bequemlichkeit verspricht, alles vom heimischen Laptop aus erledigen zu können. Deshalb taucht hier und da schonmal die Idee auf, diese Services als hoheitliche Aufgabe zu betrachten, und sie konsequent auf das Allgemeinwohl zu verpflichten, statt auf private Gewinne. Das hieße: sie verstaatlichen.

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Kleine Geschichte von Kapital und Arbeit

Kapital ist ein Tool.

Ein Tool ist dazu da, Arbeit einzusparen: die notwendige Arbeit nimmt ab, und die Produktivität steigt.

Nur wenn jemand Buch führt über ein Tool, heißt es Kapital. Sonst heißt es Waschmaschine, oder Kneifzange.
Wenn ein Tool Kapital ist, ist sein Produkt eine Ware, und soll Geld verdienen.
Wenn es kein Kapital ist, soll es nur Arbeit einsparen, damit man die Wäsche nicht mit der Hand waschen muss, oder den Nagel mit den Zähnen aus der Wand ziehn.

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Kapital und Arbeit

Menschen haben gewöhnlich keine Lust zu arbeiten, deshalb haben sie sich zuerst, als sie hergestellt worden waren, im Paradies aufgehalten, wo es alles umsonst gab. Aber da gab es ja dann Hausverbot. Die Menschen flogen raus, aber sie bekamen eine KI mit, eine App, den General Problem Solver.

Bei allem, was sie nun tun mussten, nachdem es nichts mehr umsonst gab, hat diese App gegrübelt, wie das leichter zu machen sein könnte. Ein Durchbruch war dann die Erkenntnis, dass fast alles leichter geht mit Tools. Der Mensch mit seiner KI im Kopf wurde zum Tool-making-Animal. Es teilen sich dann der Mensch und das Tool die Arbeit, weil der Mensch Arbeit abschieben kann auf das Tool.

Also arbeiteten die Menschen dann im Prinzip jeden Tag eine Stunde länger als notwendig, und in der Extrastunde bauten sie sich Tools. Die Stunde Arbeit für das Tool lohnt sich, wenn man auf das Tool mehr als eine Stunde Arbeit abschieben kann. Dahinter steckt ja nichts als Faulheit.

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Von den Moden zum Trend

Auf der Tagung Wirtschaftsinformatik ’95 hielt der Begründer des Studienfaches Wirtschaftsinformatik in Deutschland, Professor Peter Mertens, seinen Hauptvortrag „Wirtschaftsinformatik – Von den Moden zum Trend“. Es tat dies in der Absicht, seiner jungen Wissenschaft ihre „langfristigen“ und im Zeitverlauf unveränderlichen, bleibenden Ziele zu weisen.

Er begründete dies so: „Idealerweise würde sich eine Disziplin auf einem geraden Fortschrittspfad in Richtung eines (…) Langfristzieles bewegen.“ Mäandernde Entwicklungen, die einem Trial-and-Error-Pfad folgen, seien also zu vermeiden. Dann stellt er fest, dass es in der Wirtschaftsinformatik seiner Zeit zu mäandernden Entwicklungen gekommen war; die Wissenschaft war also kurzfristigen „Moden“ gefolgt, und hatte dadurch Zeit und Ressourcen verschwendet.

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Atomkrieg, kurz vor dem Paradies

Diese Rede ist wirklich starker Tobak. Es geht um die Rede des britischen Generals Sir Nicholas Carter, Chief of the General Staff, seit 2014 oberster Militär der britischen Armee. Er hielt diese Rede am 22. 1. 2018 beim Royal United Services Institute in UK, und vertrat darin die Ansicht, dass die Russen Böses im Schilde führen: „Ich glaube nicht, dass es mit kleinen grünen Männchen beginnen wird. Es beginnt mit etwas, was wir nicht erwarten.“

Darum, glaubt der General, wird das so sein: „Vielleicht sollte man die heutige Situation mit dem Jahr 1912 vergleichen, als das russische zaristische Kabinett feststellte, dass es besser sei, jetzt zu kämpfen, denn 1925 wäre Russland im Vergleich zu einem modernisierten Deutschland zu schwach. Japan zog natürlich ähnliche Schlussfolgerungen im Jahr 1941. Und Russland macht sich Sorgen, denke ich, dass der Westen im nächsten Jahrzehnt einen technologischen Vorteil erlangen wird.“

Warum also darauf warten, denkt er, denken die Russen. Darum, will er sagen, könnte es bald losgehn, und zwar mit etwas, was wir nicht erwarten.
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Vernunftfinsternis

In Kapstadt könnten ab April die Wasserhähne abgedreht werden. Kein Wasser mehr aus den Leitungen, sondern Abgabe von 25 Liter Wasser pro Tag an Notausgaben.

Das dürfte unangenehmer sein als der Wasserüberfluss, den die Deutschen, vor allem im Norden, gerade erleben. Hier ist es nur nass und dunkel, der dunkelste Dezember und Januar seit 1951.

Aber das Jahr 2017 hat deutlich unangenehmere Wetterereignisse beschert, auf der Welt. Die Statistik der Münchner Rück weist einen immer weiter steigenden Trend zu relevanten Schaden verursachenden Naturereignissen auf.

Derweil sitzen in Berlin die zu ihrem Glück gezwungenen Koalitionäre, und denken darüber nach, welche Pläne sie schmieden können, damit Angela Merkel am Ende der Periode wieder sagen kann: Uns geht es gut! Die Klimaziele für 2020 waren da in den Sondierungsgesprächen schon gekippt.

Wann geht es uns gut?

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Das intelligente Unternehmen

Das Walldorfer Softwarehaus SAP gehört zu den wichtigsten Lieferanten für Unternehmenssoftware weltweit; etwa 80 Prozent des weltweiten BIP werden über Transaktionen von SAP-Systemen abgewickelt.

Seit seiner Gründung 1972 ist es das Ziel seiner Software-Entwickler, die in einem Unternehmen notwendigen Abläufe und Transaktionen effizient zu unterstützen, und den Mitarbeitern dadurch ihre Arbeit zu erleichtern. Zunächst war es eine Finanzbuchhaltung, die die fünf SAP-Gründer noch selbst entwickelten, und die so intelligent angelegt war, dass Unternehmen sie individuell an ihre spezifischen Belange anpassen konnten, ohne jedoch die zuverlässigen Programme, die die jeweiligen Funktionen ausführten, zu verändern.
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